Westerwälder tourt durch Südamerika
Reisefieber
Thomas Fritsche bummelt regelmäßig mit dem Motorrad durch die Welt
Hundsangen/Südamerika. Mit einer Enduro für mindestens ein Jahr durch Südamerika, danach soll es nach Alaska und später nach Asien gehen. Diesen Traum erfüllt sich Thomas Fritsche, kurz Tom genannt, aus Hundsangen. Am 1.Oktober geht es los. Die Maschine, eine Honda CRF250L, ist schon per Containerschiff unterwegs. Eine kleine, leichte Maschine mit 25 Pferdestärken, die dem Westerwälder reicht. Denn Fritsche will nicht auf der Panamericana fahren, sondern auf den Straßen, die quer durch das Land führen. „Und dort geht es nicht schneller als 60 bis 80 km/h“, sagt der 45-Jährige, der in den vergangenen Jahren immer wieder über mehrere Wochen am Stück in der Welt unterwegs war. Es gibt keinen Kontinenten, den er noch nicht gesehen hat.
Erste Pläne mit fünf Jahren
Schon mit fünf Jahren kündigte Tom Fritsche seiner Mutter an, dass er mal im Ausland leben wird. Mit 45 Jahren ist dies fast schon Realität, denn er kann sich durchaus vorstellen, in Südamerika zu bleiben. Doch erst einmal gilt es, alle Erfahrungen der vergangenen Jahre in die zwei bis drei Jahre andauernde Tour einfließen zu lassen. Dazu gehören nicht nur vernünftige Motorradkleidung, Helm, Schuhe, sondern eben auch das richtige Motorrad. Nachdem Fritsche mit einer englischen Maschine im vergangenen Jahr viele Probleme hatte, weil die Ersatzteile zum Teil fünf Wochen auf sich warten ließen, wählte er für diese Reise ein Motorrad, das dort, in Südamerika, auch gefahren wird. Das habe nicht nur den Vorteil der problemlosen Ersatzteilbeschaffung, sondern auch den, dass die Maschine nicht so auffällt, nicht so sehr nach Geld aussieht. „Ich achte schon darauf, nicht in den teuersten Klamotten durch zum Teil arme Länder zu reisen“, sagt Fritsche, der fremden Ländern grundsätzlich mit einer gewissen Demut begegnet, sie als Geschenk betrachtet, das er sich genau anschauen, aber nicht übervorteilen darf.
Sein Gepäck wiegt rund 40 Kilogramm. Darin sind nur die allernötigsten Kleidungsstücke sowie technische Ausrüstung wie Kamera und Laptop enthalten. „Ich schreibe regelmäßig auf, was mir auf meinen Reisen so begegnet“, erzählt Fritsche, der unter http://moto-nomad.com seine Familie und Freunde auf dem Laufenden hält. Über ein GPS-Satellitensystem wird auf seiner Webseite in einer Karte angezeigt, wo er sich gerade befindet. „Wenn sich der Punkt bewegt, wissen meine Leute: Es ist alles in Ordnung.“ Thomas Fritsche lacht, und die Vorfreude auf die große Tour steht ihm ins Gesicht geschrieben. Der Fachinformatiker verbrachte nach seiner letzten Tour im Jahr 2016, die acht Monate durch Südamerika ging, jetzt drei Monate im Westerwald, genauer in Hundsangen. Die Zeit nutzte er nicht nur, um die nächste Tour vorzubereiten. Er arbeitet während dieser Zeit für eine Westerwälder Firma, hätte sogar eine neue Festanstellung bekommen können. „Das ist etwas, das ich in den vergangenen Jahren durch meine Reisen gelernt habe: Es geht immerirgendwie weiter.“ Nachdem er immerhin neun Jahre als IT-Projektmanager für eine Schweizer Firma gearbeitet hatte, wollte er mehr Zeit für seine Reisen und kündigte. Es sei sehr schwierig, in der Schweiz einen echten Freundeskreis aufzubauen. Viel schwerer als in der weiten Welt, wo er sich durch seine Reisen und seinen Reiseblog mittlerweile ein kleines Netzwerk geschaffen hat.
Und genau das ist es, was Fritsche fasziniert: „Die Menschen sind so offen und freundlich, egal in welchem Land, dass es einfach toll ist, unterwegs zu sein.“ Er genießt andere Kulturen und vor allem die Natur. Riesige Wasserfälle, Wüsten, Gebirge – und das alles für den Einsatz einer großen Portion Mut.
Übernachtet wird am Wasser
Der finanzielle Einsatz hält sich in Grenzen. Fritsche rechnet mit 1000 Euro pro Monat, aber: „Die brauche ich in der Regel nicht, das meiste Geld fließt bei Bedarf in Flug- oder Schiffstickets“, erklärt er. Der Lebensunterhalt an sich sei gering, oft würde er auch von Einheimischen eingeladen, die auf keinen Fall Geld annehmen. Übernachtet wird im Zelt an einem See oder Fluss. Hotels oder Hostals meidet er, wenn es geht. Sie würden ihn von vielen besonderen Naturerlebnissen ablenken. Wenn Tom Fritsche sich nach einer langen Fahrt nachmittags einen Ort aussucht, an dem er übernachten möchte, hält er erst einmal Ausschau nach Einheimischen. Nicht nur, um sich Tipps für mögliche Campingplätze oder besondere Sehenswürdigkeiten zu holen, sondern auch, um Kontak aufzubauen. „Wenn die Menschen wissen, dass man da ist, dann passen sie auf, dass einem Nichts passiert.“ Eine Erfahrung, die Fritsche bereits viele Male gemacht hat, die ihn aber immer wieder von Neuem fasziniert. „Wenn ich mit einem Lachen ankomme, begegnen mir die Menschen auch offen“, sagt Fritsche, dem bisher auf seinen Reisen nichts Gefährliches wiederfahren ist. Er habe keine Waffe dabei, nur ein Messer, um Essen zuzubereiten. Angst habe er jedenfalls nicht. Er möchte einfach nur die Orte kennenlernen, durch die er reist. „Meistens gehe ich dort erst einmal in einen Laden für das Abendessen am Lagerfeuer einkaufen“, erzählt er, „auch dadurch mache ich mich bekannt, und die Menschen wissen, dass ich da bin.“
Die Weite der Welt erkunden
Sich von einem Moment zum nächsten treiben zu lassen und dabei ganz selbstverständlich und frei die Weite der Welt zu erkunden, ist das, was Thomas Fritsche schon immer wollte: Weltenbummler sein. Auf die Frage nach einem sesshaften Leben sagt er nur kurz: „Ich weiß ja nicht mal, was morgen ist.“ Zwar schließt er nicht aus, irgendwann einmal irgendwo zu bleiben. Doch das interessiert Fritsche zurzeit nicht wirklich. Viel lieber macht er sich Gedanken über das, was er in den kommenden Monaten und Jahren alles anschauen möchte. Die Atacama-Wüste zum Beispiel, die sich entlang der Pazifikküste Südamerikas erstreckt, oder den Salar de Uyuni in Bolivien, den mit mehr als 10 000 Quadratkilometern größten Salzsee der Erde, oder Machu Picchu, eine gut erhaltene Ruinenstadt in Peru, die die Inkas im 15. Jahrhundert in 2430 Metern Höhe auf einem Bergrücken in den Anden erbauten, oder die zu Ecuador gehörenden Galápagosinseln, oder auch die Karibik, um einfach mal zu faulenzen und das Erlebte Revue passieren zu lassen.
Hier der Originalartikel (mit freundlicher Genehmigung der Rhein-Zeitung)
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